Selten waren in der Kabarettszene die Meinungen über ein Programm gespaltener. Mit der intelligenten Überschreitung aller Tabus tauchen Matthias Egersdörfer, seine Lebensabschnittsgefährtin Carmen (Claudia Schulz) und ihr schwuler Nachbar Rene Eichhorn (Andy Maurice Mueller) tief in menschliche Abgründe hinab und baden dort in seelischen Grausamkeiten.
Egersdörfer/ Schulz/ Mueller
Kabarett/Theater
unterwegs mit folgendem Programm
Carmen oder die Traurigkeit der letzten Jahre
Carmen hat in einem Anfall von Heißhunger die letzten vier Rollmöpse aus dem Glas im Stehen verschlungen. Sie beobachtet nervös den großen Zeiger der Küchenuhr. In zehn Minuten wird sie die Fische erbrechen, um sich dann der 300g-Tafel Nougatschokolade zu widmen. Egersdörfer hat schlecht geschlafen. Gestern Abend hat er befürchtet, dass ihm sein Bier nicht mehr schmeckt. Fast einen halben Kasten hat er in großer Sorge ausgetrunken. Im Halbschlaf am Vormittag hat er sich ausgedacht, wie er einige mit Mayonnaise bestrichene Rollmöpse nach dem Zwölf-Uhr-Läuten essen wird.
Der Nachbar Eichhorn hört durch die Wand das Würgen der Carmen und das Gebrüll der Enttäuschung vom Egersdörfer. Eichhorn denkt an den schwäbischen Käsehändler mit den schwarz behaarten Fingern, den er gestern im Bistro des Möbelhauses kennengelernt hat. Als Käsesommelier hatte sich dieser bezeichnet. Nach dem zweiten Prosecco schlug er dem Eichhorn vor, auf dem Parkplatz intim zu werden. Wie kalter Rauch umgibt die Traurigkeit der letzten Jahre die Drei und die unbarmherzige Welt raucht immer weiter dicke Zigarren aus Dummheit, Hass und Hybris. Was bleibt ihnen anderes übrig, als die Fenster ihrer Eingeweide aufzureißen, wenn man nicht ersticken möchte?
Nachgetrettert, der satirische Jahresrückblick
Fragen Sie sich nicht auch, wo die letzten Jahre hin gegangen sind? Als wären sie einfach aus dem Leben geschnitten. Nichts war mehr, wie es war. Ganze sechs Jahre gab es keinen Jahresrückblick von Mathias Tretter. Weil er sich irgendwann gefragt hat: Warum nochmal erinnern an alles, was einen schon beim ersten Hören genervt hat? Reicht doch, dass es einmal passiert ist. Doch mit jedem neuen Live-Ticker steigt die Nachfrage – wo so viel Gegenwart ist, braucht’s auch ein bisschen Vergangenheit. Und Mathias Tretter liefert sie jetzt wieder. “Nachgetrettert!“ ist zurück! In zwei Stunden alles, was man lieber vergessen hätte. Doch so nacherzählt, dass Sie denken: „Es war die Zeit unseres Lebens!“
“Wer es nicht schafft, sich von der Couch aufzuraffen, wird auch nie erleben, wie unterhaltsam, erhellend und herrlich komisch so ein Kleinkunstabend mit politischem Kabarett sein kann.
Tretter schafft es, bei gleichbleibendem, hohem intellektuellen Anspruch in einem derart unverschämt locker-nonchalanten Duktus und Habitus zu reden und zu spielen, dass man in Gedanken noch kein halbes Mal abschweift.“ (Süddeutsche Zeitung)
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Schottenabend- Zwei Stunden mit nix drunter (mit Sven Kemmler)
Zwei Männer, zwei Röcke und ein entzückendes, karo-ummanteltes Geheimnis: Stuart Kemmler und Malcolm Tretter reisen seit 2010 kraft ihres selbstverliehenen Amtes als Kulturbotschafter des schottischen Robert-Louis-Burns-Instituts in Aberglenkirkmuir durch Deutschland, um den Ungläubigen endlich das bessere Großbritannien nahezubringen.
Viele Ignoranten möchten die Briten eher heute als morgen aus der Europäischen Union werfen – aus purer Unkenntnis, so Kemmler und Tretter. Denn das Bild der Insel wird hierzulande fälschlicherweise noch immer von England bestimmt, diesem dunklen, zurecht vergessenen Teil der Insel, der wie ein Sack essigschwerer Fish & Chips am hellen Norden hängt:
Scotland, das Wales unter den irischen Cornwalls der Trinker, herrliches Land der saftigen Weiden und des wärmenden Whiskys, der Highlands und Heilgetränke, der Kelten und Keltereien, der Schlachten und Schlachtschüsseln, der beinfreien Männer und betrunkenen Lämmer, der Quartalssäufer und Gelegenheitsköhler, und natürlich – der Frauen. „Lassies“ werden sie im Land der lauschigen Lochs genannt – und auch dieses Missverständnis werden Kemmler und Tretter ein für allemal ausräumen: Schottinnen mögen ähnlich sprechen wie der Collie aus der Fernsehserie, aber sie vertragen das Hundertfache.
Kurz: Ein Abend mit Ethnologie und Ethanol, Sex, Drogen und Rock ohne Roll. Nacktbeiniger als eine Misswahl, billiger als die Volkshochschule, teurer als die EU – und garantiert mit nix drunter!
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Rubrik 4
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